Vacha - die älteste Stadtsiedlung Südthüringens
An den nördlichen Ausläufern der Rhön liegt Vacha, die älteste Stadtsiedlung Südthüringens die ein Geheimtipp für historisch interessierte Besucher ist. Bauwerke wie die „Widmarckt“, das heutige Rathaus, die Burg Wendelstein sowie die Werrabrücke sind Zeugen einer Zeit als Vacha ein bedeutender Kreuzungspunkt der historischen Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig war.
Entlang der Brücke verlief bis 1989 die innerdeutsche Grenze, die heutige Landesgrenze zwischen Thüringen und Hessen. Bis 1816 gehörte Vacha zu Hessen, danach zu Thüringen. Die urwüchsige Landschaft rund um Vacha bietet zahlreiche Wander- und Radwege, bekannten Ziele der Rhön und des Thüringer Waldes liegen nah. Die Stadt hat ihren mittelalterlichen Charme bewahrt, Teile von Kirche, Burg, Stadtmauer, Münze und Kemenate stammen noch aus dem 12. Jahrhundert.
Am Markt steht ein relativ geschlossenes Ensemble von Fachwerkhäusern, vornehmlich aus dem 15.-17. Jahrhundert. Das Wahrzeichen Vachas, der Storchensturm, wurde im 15. Jahrhundert errichtet. Ein besonders schönes Bauwerk des hessischen Fachwerkstils stellt die 1613/1614 zusammen mit dem Vitusbrunnen erbaute „Widmarckt“ dar, die seit 1911 als Rathaus genutzt wird.
Die Stadt besitzt eine direkte Anbindung an den Hauptwanderweg Süd-Nord des Rhönklub, außerdem ist die Stadt eine Station des Ökumenischen Pilgerweges auf der alten Via regia in Richtung Santiago de Compostela. Auch Wasserwanderungen auf der Werra sind möglich. Vacha liegt 27 Kilometer nordöstlich von Eisenach und 23 Kilometer westlich von Bad Hersfeld. Auf Wunsch bietet die Stadt Stadtführungen sowie Nachtwächterführungen an.
Geschichte und Anreise nach Vacha
Vacha wird im Jahre 817 erstmals urkundlich erwähnt, die Gründung der Stadt geht auf eine keltische Siedlung zurück, was Siedlungsfunde auf dem Öchsenberg belegen. Im Jahre 1186 erhält Vacha seine Stadtrechte verliehen, wichtigste Handwerker rund um den Marktplatz waren Gerber, Schuhmacher, Schmieder und Töpfer, ab dem 13./14. Jahrhundert bildete das Tuchgewerbe die erste zünftlerische Vereinigung.
Im Dreißigjährigen Krieg war die Stadt ein strategisch bedeutsamer Ort, der von wechselnden Kriegsparteien besetzt wurde. Im Jahre 1771 lebten 1548 Einwohner in der Stadt wie eine amtliche Zählung ergab. In der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1813 passierte Napoleon mit kleiner Eskorte nach der Völkerschlacht von Leipzig die Stadt, die flüchtigen Franzosen schleppten eine Thyphusepidemie ein an der 266 Einwohner starben. 1816 wurde die Ernte durch ein Unwetter vernichtet, was eine Hungersnot zur Folge hatte.
In der Nacht zum 2. September 1878 wurde durch Brandstiftung in der Oberstadt erheblicher Schaden verursacht, 60 Wohnhäuser mit über 140 Scheunen und Nebengebäuden wurden dabei zerstört. Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurden zwei Bögen der historischen Werrabrücke gesprengt, nach Kriegsende lag Vacha in der Sowjetischen Besatzungszone, ab 1949 im Sperrgebiet an der Innerdeutschen Grenze.
Vacha ist über die nahe gelegene Autobahn A4 erreichbar, die Bundesstraßen 62 und 84 führen durch die Stadt. Bahnreisende fahren bis Bad Salzungen und nehmen den Bus nach Vacha. Das nahe gelegene Eisenach verfügt über einen Anschluss an das ICE-Netz der Bahn. Der Flughafen Erfurt/Weimar liegt etwa 110 Kilometer entfernt. Ein Wohnmobilstellplatz mit Strom und Wasser befindet sich direkt an der B62 gegenüber der historischen Werrabrücke. Ein weiterer Stellplatz ohne Strom und Wasser befindet sich am Schwimmbad.
Burg Wendelstein und Brücke der Einheit
Am Nordrand der Altstadt nur etwa 100 Meter von der Werra entfernt befindet sich die Burg Wendelstein, die früher den Zugang der Werrabrücke regelte und schützte. Unter dem Abt Heinrich IV. von Fulda wurde die Burganlage erbaut, eine erste Erwähnung erfolgte im Jahre 1294.
Im Jahre 1467 fiel sie durch einen Großbrand den Flammen zum Opfer, wurde dann aber 1474 teilweise wieder aufgebaut. Zum 800-jährigen Stadtjubiläum wurde im Gebäude ein Heimatmuseum eingerichtet, der ehemalige Bergfried wird heute als Aussichtsturm genutzt.
Überregionale Bedeutung hat die aus rund 2000 Exemplaren bestehende Puppensammlung im Obergeschoss, die Puppen stammen aus der privaten Sammlung einer inzwischen verstorbenen Einwohnerin von Vacha.
Die Brücke über die Werra, auch Brücke der Einheit genannt, ist eine 225 Meter lange Steinbogenbrücke. Sie lag während der Deutschen Teilung direkt auf der Grenze beider deutscher Staaten, was sie zu einem Symbol der Wiedervereinigung machte.
Eine erste hölzerne Brücke wurde 1342 durch eine Flut zerstört, eine neue steinerne entstand bis 1346 an gleicher Stelle. Ursprünglich hatte die Brücke 17 Bogen, zwei wurden bei einer Reparatur von 1802 bis 1806 entfernt.
Beim Bau der Brücke wurde ein Kind lebendig eingemauert, ein kopfähnlicher Stein an der Ostseite weist darauf hin. Außerdem ist eine Brückenbauopferszene in der Diele des Rathauses neben anderen historischen Begebenheiten zu sehen.
„Widmarckt“ und Marktbrunnen
Schönstes Gebäude der Stadt ist die „Widmarckt“, ein stattliches dreigeschossiges Fachwerkgebäude mit einem schönen Erker, welches sich auf dem Markt befindet. Das architektonische Meisterwerk ließ der landgräflich-hessische Amtmann Caspar von Widmarckter errichten, es entstand in den Jahren 1613/14.
Das Gebäude diente bedeutenden Persönlichkeiten aus aller Herren Länder des öfteren als Quartier und beherbergte in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1813 Kaiser Napoleon auf seinem Rückzug von der Völkerschlacht bei Leipzig. Die „Widmarckt“ wechselte mehrfach den Besitzer und war zuletzt bis 1909 Eigentum des landgräflichen Hauses in Philippsthal. Heute dient das Gebäude der Stadt als Rathaus.
Vor dem Rathaus befindet sich der Marktbrunnen aus dem Jahre 1613. Den Brunnen ziert der heilige Vitus (Veit), der Schutzpatron der Stadt. Er ist als römischer Ritter gekleidet, mit der herabhängenden linken Hand hält er den Schild, auf welchem der Märtyrertod des Heiligen dargestellt ist. Der Heilige wurde als Kind auf Anweisung des römischen Kaisers Diokletian in einen Kessel mit siedendem Öl geworfen.
Johanneskirche und Freizeittipps
Am anderen Ende des Marktplatzes steht die evangelische Johanneskirche, die bereits der dritte Kirchenbau an gleicher Stelle ist und in den Jahren 1821 bis 1824 erbaut wurde. Die Kirche erhielt ihren Namen zu Ehren des Erbprinzen Carl Alexander Johann.
Von der ehemaligen Kirche ist der untere Teil des Turmes erhalten geblieben, dieser gehört zu den ältesten Steinbauten der Gegend. Das romanische Portal an der Westseite des Turmes entstand im 12. Jahrhundert, vom gotischen Kirchenbau, der etwa um das Jahr 1306 begonnen wurde, ist heute nur noch der Turmaufsatz erhalten geblieben.
Nach einem Stadtbrand im Jahr 1467 wurde die Kirche bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wieder aufgebaut. In der heutigen Sakristei sind die beiden aus der ehemaligen Kirche stammenden Grabsteine des Caspar Widemarkter und deren Gattin aufgestellt.
Die Stadt am Rande der Rhön lockt Besucher mit zahlreichen Wander- und Radwegen, auf denen die reizvolle Umgebung erkundet werden kann. Die Stadt ist Kreuzungspunkt der Rhönroute Süd-Nord sowie des Ulster- und Werraradwanderweges.
Das Wasserwandern auf der Werra wird immer beliebter, ein besonderes Ereignis ist eine etwa 4-stündige Floßfahrt auf der Werra. Bei Musik und Bratwurst lernen Sie das Werratal aus einer anderen Perspektive kennen.
Zwischen Vacha und Görlitz verläuft der 450 Kilometer lange Ökumenische Pilgerweg. Markiert ist der Weg, der der historischen Handelsstraße Via Regio folgt, mit einer gelben Muschel auf blauem Grund. Eine Pilgerherberge in Vacha ist für 12 Pilger eingerichtet, sie befindet sich im Zentrum der Stadt. Sie ist mit Dusche/ Bad, Küche, Gemeinschaftsraum und zwei Schlafzimmern ausgestattet.
Karneval, Burgfest und Herzermarkt (Weihnachtsmarkt) sind traditionsreiche Veranstaltungen in Vacha. Von Frühjahr bis zum Herbst findet donnerstags der beliebte traditionelle Wochenmarkt auf dem Markt statt. Im Sommer bietet das Freibad im Grünen eine willkommene Abkühlung.